Wenn die Schulter die Last nicht mehr trägt – Körperspuren verstehen
- Mihaela Perunovic

- 19. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Vor einiger Zeit kam Maria (Name geändert) zu mir in die Praxis. Sie war über 55 Jahre alt und litt seit Monaten unter starken Schmerzen in der rechten Schulter. Cortison-Spritzen und Medikamente hatten kaum Wirkung gezeigt. Sie erzählte mir, dass einfach nichts half, und die Verzweiflung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Wir begannen miteinander zu arbeiten. Ich erklärte ihr, dass Schmerzen – gerade an der Schulter – in der Psychosomatik oft eine tiefere Bedeutung haben. Die rechte Schulter steht häufig für Spannung, Abwehr und das Bedürfnis, sich zu verteidigen. Wenn sie schmerzt, kann das ein Hinweis darauf sein, dass dieser Impuls einmal da war, aber nie gelebt werden konnte.
Während unseres Gesprächs erinnerte sich Maria an ihre Kindheit. Sie erzählte mir, dass sie von ihrem Vater sehr viel geschlagen wurde – oft mit einem Teppichklopfer. Sie konnte sich damals nicht wehren, musste es über sich ergehen lassen und trug dieses Gefühl der Ohnmacht noch Jahrzehnte später in ihrem Körper.
Medizinisch war ihre Schulter längst behandelt worden – aber die eigentliche Botschaft ihres Körpers blieb unerkannt. Durch die Arbeit an den Körperspuren durfte Maria verstehen: Ihr Körper hält Erinnerungen fest, die längst vorbei sind. Und genau hier beginnt Veränderung – indem wir lernen, die Signale des Körpers zu deuten und Schritt für Schritt loszulassen, was uns schon lange nicht mehr dient.
Gemeinsam machten wir gezielte Körperübungen, die genau diesen nie ausgeführten Verteidigungsimpuls ins Bewusstsein brachten. Auf diese Weise erkannte sie, dass der Schmerz keine Krankheit allein war, sondern die Erinnerung an etwas, das sie damals nicht tun konnte. Heute geht es ihrer Schulter deutlich besser. Sie spürt die Schmerzen nur noch selten – ganz ohne Cortison.
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So zeigt sich, wie wichtig es ist, Schmerzen nicht nur körperlich, sondern auch seelisch zu betrachten. Erst wenn beides zusammenkommt, entsteht wirkliche Heilung.






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